Bericht über Jan Nemeth im Tagblatt

Am 22. September erschien folgender Bericht im St. Galler Tagblatt, den wir euch nicht vorenthalten möchten:
 
Ein Student als Toptransfer

Der 19-jährige Österreicher Jan Nemeth;studiert an der HSG – und spielt deshalb für den Tischtennisklub St. Gallen.

Samuel Ryter

 

Nein, als «Hobby-Pingpöngler» hat man hier keinen Stich. Als Laie ist man schon bei der Abnahme des Aufschlags überfordert. Wenn Ja Nemeth am Tisch steht und das Anspiel serviert, dreht sich der Ball so stark, dass jeder ungeübte Gegner danebenschlägt. Trifft man den Ball dann doch irgendwie, dann schmettert ihn Nemeth unverzüglich und unerreichbar zurück auf die Tischplatte.

Tischtennis ist eben nicht Pingpong. «Pingpong spielt man in der Badi», sagt ein Trainer und schmunzelt. Hinter ihm trainieren die Junioren des Tischtennisklubs St. Gallen. Zwölfjährige schmettern sich da gegenseitig den Ball zu. Das Auge kann kaum mithalten. Und neben dem Trainer steht der Neue: Jan Nemeth, der österreichische U19-Meister im Doppel, U19-Nationalspieler und der derzeit viertbeste U19-Spieler in seinem Land. Er spielt ab dieser Saison für das NLB-Team des St. Galler Stadtklubs.

Nemeth reiste vor zwei Wochen mit dem Zug und mit 30 Kilo Gepäck aus Linz an. Der 19-Jährige startete soeben sein neues Leben in St. Gallen und das Wirtschaftsstudium an der HSG – für den TTC St. Gallen war das ein Glücksfall. Als Nemeth den Studienplatz erhielt, erkundigte er sich nach einem Klub in der Nähe. «Jetzt passt alles super zusammen», sagt er.

Die grosse Liu Jia war seine Nachbarin

Neben dem Studium trainiert Nemeth jetzt drei bis vier Mal die Woche mit seinen neuen Teamkollegen. Und der Tischtennisklub St. Gallen hat mit Nemeth ein weiteres Talent für die erste Mannschaft und die NLB-Saison gefunden. Die Saison startet morgen. Nemeth Saisonziel: «Eine Platzierung in den Top 3.»

Wer nicht aus der Tischtennis-Szene kommt, kennt Liu Jia vermutlich nicht. Doch Jia ist ein Aushängeschild in der österreichischen Tischtennis-Welt. Sie siedelte 1997 von Peking nach Österreich über und gewann 2005 die Europameisterschaft im Einzel. Sie nahm zudem an fünf Olympischen Spielen für Österreich teil. Wie es der Zufall wollte, war Jan Nemeth, der als Kind eigentlich Fussball spielte, einst Jias Nachbar. So kam Nemeth zum Tischtennis.

Die Nachbarin konnte Nemeth offenbar begeistern: Nemeth erzielte bereits als Teenager mehrere nationale Erfolge. Zuletzt absolvierte er als Leistungssportler den Wehrdienst für Österreich und gewann mit seinem Team die 2. Österreichische Bundesliga. Der Abstand zur Weltspitze sei aber noch riesig, so Nemeth.

In der Turnhalle der Oberstufe Zil zeigt Nemeth seinen Tischtennis-Schläger. Das Holz mit Griff kostet etwa 120 Franken. Die glatten, roten Oberflächen kosten pro Seite je 60 Franken. Auf dem Level, wo Nemeth Tischtennis spielt, müssen diese Oberflächen alle drei bis vier Wochen ausgewechselt werden. Beim Bezahlen hilft ein Sponsor. Mit Tischtennis wird aber auch Nemeth nicht reich. 4000 Franken verdient er in diesem Jahr beim Klub. Vielleicht könne er noch ein paar Privatstunden geben, sagt er. Wichtiger für ihn sei aber derzeit das Studium.

Die Beschaffenheit des Bodens beeinflusst das Spiel

Sportlich startet die Saison morgen daheim um 15 Uhr in der Sporthalle Zil. St. Gallen spielt gegen Freiburg. Nemeth sagt: «In dieser Sportart hat der Heimvorteil eine grosse Bedeutung.» Nicht wegen der Fans etwa, sondern wegen der Infrastruktur. Beim Tischtennis hätten die Härte der Tischplatte, die Bälle, sogar der Hallenboden einen Einfluss auf das Spiel. Nemeth erste Aufgabe, als er zum Klub stiess, war es deshalb, sich mit den Eigenheiten der Halle vertraut zu machen.

Was reizt Nemeth am Spiel? «Die mentale Herausforderung», sagt er. Das Spiel sei vielfältig, jeder Gegner spiele verschieden, mit anderen Schlägern, mit anderen Taktiken, «man muss sich schnell anpassen können». Gespielt wird in der NLB auf elf Punkte im Best-of-Five-Modus. Nemeth absolviert jeweils eine Partie gegen alle Akteure des Gegner-Teams, also drei Partien. Zudem gibt es ein Duell im Doppel – ebenfalls im Best-of-Five-Modus. Das Aufeinandertreffen gewinnt das Team, welches von den insgesamt zehn Partien mehr für sich entscheiden kann.

Jetzt, für das Pressefoto, sucht Nemeth in der Halle nach einem Klub-T-Shirt, so eins hat er nämlich noch nicht erhalten. Ein Betreuer findet für ihn ein altes, etwa zehnjähriges T-Shirt, das sich Nemeth dann überstülpt. Es sei eben alles noch etwas neu, sagt Nemeth und fühlt sich schon sichtlich wohl in der Halle. Dann lacht er in die Kamera. Spätestens morgen braucht Nemeth ein aktuelles Shirt – da beginnt für ihn und St. Gallen die NLB-Saison.

Jan  Nemethist österreichischer U19-Meister im Tischtennis-Doppel. Bild: Marius Eckert

Der Verein

Der Tischtennisklub St. Gallen wurde vor 90 Jahren gegründet. Momentan spielen für den Verein zehn aktive Teams, vier Nachwuchsteams und drei Seniorenteams an nationalen und regionalen Meisterschaften. Die erste Mannschaft spielt mit Jan Nemeth, Nick Rütter und Jozef Ondis in der NLB. (sry)

 

Quelle: Ryter, S. (22. September 2023). Ein Student als Toptransfer. Der 19-jährige Österreicher studiert an der HSG – und spielt deshalb für den Tischtennisclub St. Gallen. St. Galler Tagblatt, S. 29.